Ein Blick hinter die Kulissen beim Schreibwettbewerb
Ich weiß aus Fragen die mich in vielen Email erreichen, dass manche wirklich zu gern wüssten, wie bei uns die Bewertungskriterien sind. Werft nun einen Blick hinter die Kulissen beim laufenden Schreibwettbewerb, wobei auch bei den vorigen so verfahren wurde.
Jedes Mal spreche ich Jurorinnen an von denen ich meine, dass sie ganz besonders gut zum Thema passen bzw. einen unverstellten Blick dazu haben. Ein Seitenblick hinter die Wettbewerbe ist auch:
Autoren lassen sich leider bisher nicht zu dieser wirklich aufwändigen Arbeit überreden. Übrigens: auch bei den Wettbewerben ist das Verhältnis 4 Drittel Frauen, ein Drittel Männer.
Neben den Jurorinnen und auch manchmal die Spezialisten von Quintessenz eingebunden.
Orientierung an Schulnoten
Am Anfang ist man sicher nicht so kritisch wie am Ende. Jeder von uns kennt das. Wenn ich viel am Stück lese schärft sich der Blick. So geht es auch den Jurorinnen und Juroren. So ist der Anfang des Lesens stets im ersten Schritt eine Orientierung, wie denn das allgemeine Niveau einzuordnen ist. Erwartungen sind schnell geweckt – so erreichte uns als erste Geschichte eine, von der ich wusste – die wird dabei sein. Und ich hatte recht, sie überzeugte auch Ayse und Christa. Wir uns einigen uns darauf mit Schulnoten zu bewerten. Beide lesen und schicken die vorbereitete Excelliste mit Noten neben dem Namen zurück. Doch hier nur von 1 bis 3. Schnell fällt auch die 3 – es wurden letztendlich nur Geschichten mit 1 + 2 bewertet. In der Tabelle gelb markiert.
Dazwischen finden sich auch 1 und 2+ aber auch 2-. Das macht es nicht leichter. Denn stellt Euch eine Bewertung wie folgt vor:
1 / 2 / 2 … das ist ok, aber was ist mit 2+ / 2 / 2-. Hier muss ich dann beim Übertrag der Bewertungslisten die mir Ayse und Christa zusenden – einen farbigen Balken machen. (warmgelbe Markierung)
Soll heißen: Prüfe ob die 2+ doch noch eine 1 ist oder nicht. Für die nächste Runde werden die ausgedruckt – rot markiert, die nochmals gelesen und hinten eine kurze Beurteilung notiert wird. Aus denen wird zum Schluss die Endauswahl zusammen gestellt.
Wobei ich hier dann auf einen repräsentativen Querschnitt achte:
- Verschiedene Themen
- am besten von ganz jungen bis wirklich alten Autoren
- Stile – also atmosphärisch dicht, zart, gnadenlos auf den Punkt gebracht, gelungene Metaphern
- holt mich die Geschichte als Leserin bereits am Anfang ab und
- überrascht mich evtl. der Schluss
Und dies ist nur meine Wertung – d.h. eine von dreien. Hin und wieder lasse ich bei manchen Geschichten noch jemand von den Spezialisten lesen … Tabelle letzte Spalte und all dies sorgt dafür, dass jede Geschichte die Aufmerksamkeit erhält, die sie verdient.
So und jetzt, jetzt muss ich weiterlesen. 🙂
Ich würde mich freuen, wenn Ihr diesen Blick hinter die Kulissen beim Schreibwettbewerb schätzt, kommeniert, oder teilt.
Eure Petra
Da wird die Aufregung ja noch viel größer und die Mühen kann man wirklich nur wertschätzen!!
Viele Grüße von einem der Handvoll Männer??
Nur keine Zeit vergeuden, die Informationen reichen mir.
Vielen Dank dafür !
Liebe Petra,
das ist ein ziemlich aufwändiges Konzept, das ihr für die Bewertungen der Schreibwettbewerbe gewählt habt.
Ich kann diese Herangehensweise nur begrüßen, da sie eine faire Beurteilung verspricht.
Außen vor bleibt natürlich der persönliche Geschmack der jeweiligen Jury.
Eine Frage: Bei den Wettbewerben ist das Verhältnis (s.o.) = 4 Drittel Frauen + ein Drittel Männer ?
Ich wünsche euch weiterhin viel Freude beim lesen.
Liebe Grüße Heinz
Lieber Herr Tölle,
ja – die Autorinnen sind tatsächlich sehr viel stärker vertreten. Die Schätzung ein Viertel Männer kann ich evtl. später nochmal etwas genauer anschauen, mir fehlt dafür schlicht die Zeit. 😉 Aber ich habe es „1 im Sinn“. Normalerweise haben wir ja so ca. 200 Einsendungen und darunter sind jeweils immer nur eine Handvoll Männer. Aber die haben dann auch wirklich gute Geschichten eingereicht und schafften es ins Buch. Nicht weil sie Männer sind, sondern weil die Geschichten gut waren. 🙂
Wahnsinnig toll, dass man hier mal Einblicke bekommt, wie es laufen kann/läuft. Das finde ich immer besonders interessant!!!
ja Frau Rudolph, ich habe ca. 30 Emails mit dieser Frage bekommen und habe gesehen, dass dies anscheinend nirgendwo beantwortet wurde. Für mich war dies ein Anlass, darüber einmal kurz zu schreiben. Auch natürlich, um die Autorinnen und Autoren um Geduld zu bitten. Es kann ja nicht sein, dass hier mit „der heißen Nadel gestrickt wird“ und vielleicht tolle Geschichten durch das Raster fallen. ABER. Ich kann jetzt nachvollziehen, dass bei Verlagen im Vorfeld deshalb so streng aussortiert wird.
Liebe Petra! Danke sehr für diesen tollen Einblick in euren Bewertungsprozess und dass ihr euch mit unseren Geschichten so intensiv und aufwändig beschäftigt.
Fühlt euch wertgeschätzt und seid lieb gegrüßt.
Das freut uns, denn in es fließen sicher 150-300 Arbeitsstunden in die Wettbewerbe – neben den Kosten für Druck und Versand der Belegexemplare und ja, auch bei den einzelnen Bitten um einen Nachdruck für Lesungen etc. 😉 Aber noch machen wir das sehr gern.
Wenn man sich die Liste von A-C, die ja eigentlich noch viel länger ist, anschaut, dann wirken die 730 Geschichten – und die damit verbundene Arbeit – doch noch mal ganz anders! Sich nach einer Geschichte dann auf die nächste einzulassen, ist bei dieser Menge bestimmt auch nicht immer ganz einfach. In diesem Sinne ein großes Dankeschön – auch für diesen Einblick!
Danke … ja manchmal, stehe ich auf und arbeite etwas ganz anderes, um den Kopf frei zu kriegen, bevor ich wieder konzentriert 4 Geschichten am Stück lese…
Vielen Dank für den Blick hinter die Kulissen! & Alle Achtung, was da abzuarbeiten ist!!!
Ja, gern geschehen – ich denke auch schon über eine Fortsetzung nach – es sind so viele ! tolle Geschichten.
Toll, was ihr euch für eine Mühe macht! All die vielen Geschichten… Als Schreibende/r denkt man ja gerne, dass das Schreiben eine übermenschliche Anstrengung ist, aber die eigentliche Arbeit ist das Lesen, Korrigieren und Bewerten, dutzende oder hunderte von Malen. Ganz großes Kompliment!
… eine übermenschliche Anstrengung … sehr feine Ironie – so etwas schätze ich. 😀 Aber Spaß beiseite, ja es ist Arbeit, ja neben der Arbeit. Ich brauche dann bald mal eine Auszeit. 🙂