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Glosse – Die Rückkehr der Schreibmaschine

In vielen Haushalten fristet sie ein trostloses Dasein, seit langem vergessen verstaubt und rostet sie in Kellerschränken oder auf Dachböden vor sich hin –  die Schreibmaschine.  Für die jüngeren Leser: Dies ist wie ein Laptop aber ohne Strom, ohne Bildschirm, aber mit eingebautem Drucker – genial!

Von einer Renaissance der Remingtons, Olivettis, Adlers und Olympias kann nicht die Rede sein, aber in Zeiten der elektronischen Überwachung werden in manchen Chefetagen – so wird kolportiert – die Saurier der Textverarbeitung wieder hervorgeholt. Schließlich sollen Verträge und Absprachen hochkarätiger Natur der unliebsamen Konkurrenz oder neugierigen Geheimdiensten aus Freundes- und Feindesland verborgen bleiben. Aber Vorsicht, auch Schreibmaschinen wurden abgehört. Also die Rollos herunterlassen, damit die Schallwellen nicht durch Richtmikrofone erfasst werden und die gerätetypischen Geräuschmuster nicht den einzelnen Buchstaben zugeordnet werden können. Der Schlapphut schnalzt mit den Lippen : „Oh, eine 1963er Erika! Dass ich das noch mal erleben darf!“

Zu Beginn meiner Berufslaufbahn war sie der Mercedes unter den Schreibmaschinen, die „IBM Kugelkopf“. Bessere Modelle waren schon mit einer Buchse ausgestattet, damit man mit den nun erstmals in die Unternehmen einziehenden Personal-Computern Ausdrucke fabrizieren konnte. Die PCs waren wegen ihres horrenden Preises anfangs nur den Ingenieuren vorbehalten, die Sekretärin wurde aber schon mit einem Textverarbeitungssystem beglückt. Dies war eine  elektronische Schreibmaschine, die schon zeilen- oder absatzweise zwischenspeichern konnte, ehe das Druckwerk losratterte. Wenn man das Typenrad oder den Kugelkopf austauschte, konnte man sogar unterschiedliche Schriften zu Papier bringen.

Das Kohlepapier und die Korrektur-Flüssigkeit sind nun ebenfalls auf der Liste der bedrohten Arten gelandet, und werden noch höchstens in kafkaesken Zollstuben oder stromlosen Leuchttürmen anzutreffen sein.

An die goldenen Zeiten der Schreibmaschine erinnert noch die Tastenbelegung der modernen Computer. Um zu verhindern, dass sich die Typenhebel unter einer schnellen Schreiberin (ja es waren immer Frauen, die die Schreibmaschinen bedienten) ständig verhakten, wurden die Buchstaben und Zeichen entsprechend ihrer Häufigkeit möglichst gleichmäßig weit voneinander verteilt.

Viele werden noch das Musikstück „The Typewriter“ für  Orchester und Solo-Schreibmaschine kennen, wo sowohl Anschlagstempo als auch das markante Ratsch-Bumm des Wagenrücklaufs und die Glocke beim Zeilenende einem die Füßen wippen lässt.

 

Dieser Beitrag wurde auf der Huffington Post verlinkt

 

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