Gleich und gleich gesellt sich gern oder Gegensätze ziehen sich an
Hin und wieder schreibe ich Artikel um eine gewisse Augenhöhe mit Kunden herzustellen, deren Biografie wir schreiben und die uns manchmal nachdenklich mit den Worten verabschieden:
„Jetzt wissen Sie alles von uns, aber wir von Ihnen fast nichts.“ Ja, das ist nicht zu vermeiden, aber nachdem wir das Persönlichste erzählt bekamen, wozu ein ordentlicher Vertrauensvorschuss nötig ist, möchte ich mich nun mit einigen Beiträgen aus meiner Biografie und der Biografie meines Mannes bedanken. Daher möchte ich heute mal einen kleinen Blick zurückwerfen, als ich meinen Mann kennenlernte.
Um es gleich vorweg zu nehmen, ich glaube fest daran, dass sich „Gleich und Gleich“ gesellen sollte. Natürlich können sich auch Gegensätze ergänzen, annähern aber niemals ganz assimilieren.
In meiner Zeitreise Der Frühjahrsputz habe ich es anklingen lassen, ich habe in einer aufgeräumten Wohnung die Wirkung einer Schrotladung. Vielleicht ist es ja auch nur, dass ich malerische Akzente setzen möchte? Meine orangefarbene Tasche auf dem gestreiften Stuhl, meine rote Jacke auf dem grauen Sofa und so weiter… Seltsam ist jedoch, dass ich so völlig konträr beim Arbeiten bin, oder früher in WGs es mir leicht fiel die Gemeinschaftsräume wie Küche, Bad etc. zu verschonen, ja sogar mit Freude in Ordnung zu halten.
Ich erinnere mich beispielsweise, wie die ganze WG die Küche renovierte und wir wie Archäologen Tapetenschicht um Tapetenschicht herunterholten. Dabei fokussierte ich mich fast wie beim Mandala-Malen darauf, die kleinen Fitzelchen, die so hartnäckig kleben blieben, mit einem Spachtel abzukratzen. Irgendwann beugte sich mein Mitbewohner zu mir, grinste breit und meinte:“ Wenn Du willst, kannst Du meine Pinzette haben!“
Ganz anders im Alltag. So erstaunt es wohl nicht, als ich das erste Mal die Wohnung des Mannes betrat, der alsbald mein Partner werden sollte, der Gedanke in mir aufstieg. „Oh Gott, der wird todunglücklich mit Dir!“ So sehr beeindruckt war ich von der Ordnung, von der ganzen frisch gelüfteten Atmosphäre, vom guten Geschmack. Doch bereits beim Teetrinken hatte ich das Gefühl, wenn ich nicht s o f o r t die Tasse wieder auf den Unterteller stelle, liegt dieser schon abgespült und sauber im Geschirrständer. Noch ließ ich mich nicht beirren, denn der Humor und viele gleiche Ansichten gaben mir das Gefühl ‚Gleich und gleich gesellt sich gern‘. Als ich nach einem Wochenende voller toller Erlebnisse mit ihm vor der Abfahrt meines Zuges noch einen Tee trinken wollte, fragte ich, wo ich denn die Teebeutel finden würde. Er deutete auf eine grüne quadratische Metallbox oben im Schrank. Ich angelte sie mir herunter, und als ich den Deckel abhob musste ich sehr lachen: Da standen einzelne Teebeutel wie Zinnsoldaten in langen Reihen, exakt ausgerichtet und sortiert. Fassungslos schaute ich drauf, das war zu viel für mich, es kribbelte es mich in den Fingern. Ich nahm einen heraus, schrieb ‚Anarchie‘ auf einen Zettel, befestigte ihn an dem Fädchen des Teebeutels und legte ihn – aus der Reihe tanzend – oben drauf. Nun lümmelte sich der Faden in kleinen Kurven. Ich fand, das sah gleich viel besser aus und hatte doch auch noch mal ein Statement abgegeben. Dann schloss ich den Deckel und bugsierte die Box wieder an ihren Platz. Ich war sehr gespannt wie mein Mann regieren würde.
Er hat übrigens später so sehr gelacht, dass ich ihn am Telefon kaum verstanden habe. Mir war klar: Das! war der Richtige. So halten wir es auch heute. Humor und Toleranz trägt uns durch einen nie langweilig werdenden Alltag.
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