Gastbeitrag von Bernd Debus – Mit sechzehn
Der Spätsommer 1979. Wir waren sechzehn. Unser Deutschkurs wanderte. Eine Woche durch die Vogesen, mit Rucksack und Zelt. Als sich eine Mitschülerin den Fuß vertrat, bot ich mich an bei ihr zu bleiben, während die anderen weiter zogen. Wir wollten mit dem Bus nachkommen. In zwei Tagen.
Wir vertrieben uns die Langeweile mit einem neuen Gerät, das ihr Vater von einer Auslandsreise mitgebracht hatte. Walkman hieß es und man konnte damit Kassetten abspielen. Jederzeit und überall. Wir haben in den zwei Tagen unseren gesamten Vorrat an Batterien verpulvert, inklusive der Taschenlampenbatterien. Aber wofür brauchte man Licht, wenn man Westernhagen auf Kassette hat? Wir haben die Texte mitgegrölt. Störte keinen. Unsere Zelte standen mitten im Wald.
Die erste Nacht schliefen wir in zwei Zelten. Die zweite in einem. Passiert ist nicht viel. Erstens waren wir dafür zu schüchtern und zweitens verhütungstechnisch nicht darauf vorbereitet. Aber es war ein schöner Anfang.
Alles Weitere haben wir dann zu Hause nachgeholt. Vornehmlich bei mir, wenn ich mal sturmfreie Bude hatte. Unsere Eltern ahnten nichts, dachten wir. Bis ich eines Tages einen sorgfältig zusammengefalteten Mädchenslip auf meinem Bett fand. Daran war mit einer Stecknadel ein Zettel gepinnt, auf dem in der schön geschwungenen Handschrift meiner Mutter zu lesen war: Der lag unter deinem Bett. Er gehört nicht deiner Schwester! – Was hatte SIE eigentlich an, als sie nach Hause gefahren ist?
Letzt haben wir meine Mutter mit einem der Neffen besucht. Zwei Wochen später kommt ein DIN-A4-Briefumschlag von ihr. Darin eine einsame Kindersocke, eine Unterhose mit Fußball-Motiven und ein T-Shirt mit Loch. Sie hatte auch einen Zettel dazu gelegt: Die Socke lag auf dem Kleiderschrank, die Unterhose hinterm Bett und das T-Shirt unter der Matratze. – Was hatte er eigentlich an, als ihr nach Hause gefahren seid?
Ich musste lauthals lachen. Sie hatte tatsächlich diese kleine Episode von vor über dreißig Jahren nicht vergessen. Und mich erinnerte es daran, dass es mal eine Zeit gab, in der wir alle Erwachsenen für blöde oder doch zumindest ziemlich ahnungslos hielten. Heute wissen wir es besser und grinsen uns einen, wenn das junge Gemüse… Yeah!
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