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Lars und Vokabeln

Ich bezeichne mich als eine große und erfahrene Lügnerin. Obwohl ich heute in meinem 66. Lebensjahr schon viele Jahre sozusagen `lügenfrei` lebe. Schon fast schade. Denn zumindest eine Lüge hat mir wunderschöne Monate eingebracht.

Bereits mit 10 Jahren war ich sehr verliebt. Dieser Junge hat mich – damals ein sehr selbstbewusstes Mädchen – so geärgert, dass ausgerechnet, als sich unsere schulischen Wege getrennt haben, ich den Kontakt selbst eingestellt habe. Alle freundlichen und kreativen Versuche seinerseits …ja nennen wir ihn einfach mal Lars 1.. scheiterten an meinem Dickkopf.

Als dann die Tanzstundenzeit kam, hatte ich einen sehr schüchternen Tanzpartner mit gleichem Namen. Auf einem Schulheimweg traf ich einen Volksschulklassenkameraden, der Lars 1 und mich kannte. Wir schwätzen so vor uns hin und ich erzählte, oder sollte ich sagen, ich log, dass Lars 1 mich von der Schule abholen wollte, aber nicht erschienen ist. Ich wusste aber nicht, dass die beiden Jungs immer noch Kontakt hatten! Am nächsten Tag stand Lars 1 an meiner Schule und wollte mich zur Rede stellen. Mir fiel das Herz in die Hose, und ich bin sicherlich puterrot geworden. Einmal, weil ich mich sehr gefreut habe und dann, weil ich spontan eine Ausrede finden musste. Diese lautete wie folgt: Der gemeinsame Klassenkamerad hatte mich falsch verstanden. Ich hatte vom meinem Tanzstundenpartner gesprochen, der ja nun auch Lars hieß. Ich glaube, wir beide wussten, dass dies eine Ausrede war, aber es war der Beginn einer wunderschönen Zeit.
Und wie wir alle feststellen können, ist diese Lüge als ein Kleinod in meiner Erinnerung geblieben.

Die zweite große Lüge

Als ich auf das Gymnasium gewechselt hatte, begann dort der Unterricht in der englischen Sprache. Vielleicht hatte ich nicht richtig aufgepasst oder die Ohren waren nicht gut gewaschen, auf jeden Fall war mir entgangen, dass das Englischbuch am Ende ein Vokabelverzeichnis hatte. Zu meiner Schulzeit wurden Klassenarbeiten in ein „Friedrich-Wilhelm-Heft“ geschrieben. Nachdem die Klassenarbeiten zurückgegeben wurden, mussten sie den Eltern zur Unterschrift vorgelegt werden. Danach ging das Heft wieder in die Obhut der Lehrerin zurück.

Meine erste Arbeit war eine Vokabelabfragekonnte ich noch aus dem Kopf heraus mit einem ausreichend bestehen. Aber danach folgten dann mangelhaft und ungenügend. Da ich keine Vokabeln auswendig gelernt hatte, konnte ich die gestellten Aufgaben natürlich nicht lösen. Für meine Eltern, die immer wieder nachfragten, wann wir wohl die 2. Klassenarbeit zurückbekämen, erfand ich immer mehr Ausreden. Gleichzeitig unterschrieb ich selbst die Arbeiten. Als die Eltern vorhatten mit der Lehrerin sprechen zu wollen, blieb mir nichts Anderes übrig als die letzte Arbeit (mit mangelhaft benotet) meiner Mutter vorzulegen. Aufgeregt schlug ich das Arbeitsheft geschickt so auf, dass es so aussah, als wenn dies nur die eine Arbeit sei. Aber dann passierte das, was passieren musste: Meine Mutter blätterte zurück. Dann flog das Heft über meinen Körper. An die Worte kann ich mich nicht mehr erinnern, aber das Heft musste später gebügelt werden, bevor ich es wieder abgeben konnte.

Am Ende des ersten Schuljahres verbrachte ich mit meiner Familie die Ferien in Dänemark. Jeden Tag musste ich mit meinem Vater Vokabeln lernen. Und das bedeutete, dass ich zum Erstaunen meiner Englischlehrerin im Versetzungszeugnis ein gut bekam.

In Latein und Französisch wusste ich dann, dass es Vokabeln im hinteren Teil des Buches gab. Leid tut mir nur bis heute mein Vater, dessen Sommerurlaub auch anders verlaufen war als erhofft.

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