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Kristin Dose könnt Ihr kennenlernen
beim Luettu – dem Lesefest der
Buchhandlung Wolf

in: Bruchsal
am: 24. Mai
um: 19:30 Uhr
Anmeldungen hier

Ein Blick hinter die Kulissen des Schreibwettbewerbs:
Was macht eine wirklich gute Kurzgeschichte aus?

 

Als Autorin kenne ich nur allzu gut das Bangen und Zweifeln, nachdem ich einen Beitrag für einen Geschichtenwettbewerb eingereicht habe. Wochenlang habe ich an dem Text getüftelt, ich habe mich durchgerungen den Beitrag abzusenden (meist am Tag des Einsendeschlusses), und dann beginnt das schreckliche Warten.

Was geschieht in dieser Zeit auf der anderen Seite? Als Jurorin für den Kurzgeschichtenwettbewerb von Blog Q5 „Über Mut. Über Leben. Vom Opfer zum Helden.“ weiß ich jetzt: es passiert sehr viel, vor allem sehr viel Lesen.

Die Jurorentätigkeit ist eine spannende und gleichzeitig äußerst schwierige Aufgabe. Auch wenn es selten leicht war, ich hatte sehr viel Spaß dabei. Und ich habe einiges gelernt. Unter anderem weiß ich jetzt: was eine wirklich gute Kurzgeschichte ausmacht.

 

  1. Die Geschichte berührt.

Der wohl am häufigsten genannte Kritikpunkt von meinen Mitjurorinnen und mir war ungefähr so: „Schöne Geschichte, aber sie nimmt mich nicht mit.“ Als Leser/in spürt man sofort, ob eine Geschichte mit Herzblut geschrieben wurde (– ähm, nicht im wortwörtlichen Sinn 😉

Nun will ich keinem Autoren und keiner Autorin unterstellen, dass er oder sie nicht die gesamte Energie ins Schreiben steckt. Andererseits hat nicht jede/r Autor/in solch herausragende Schicksalsschläge erlebt, dass er/sie tatsächlich aus Erfahrungen schöpfen könnte. Und genau das ist die Kunst. Es ist die Herausforderung an den Schreibenden, sich in seine Geschichte, in seine Figuren hineinzuversetzen und so zu fühlen, wie sie fühlen. Nur dann kann ein wirklich berührender Text entstehen.

Einige Autoren/innen haben es geschafft, mit ihrer Geschichte bei uns Jurorinnen Gänsehaut auszulösen, oder Nachdenken, oder einfach ein gutes Gefühl. Das ist es, was eine Kurzgeschichte tun soll: sie soll beim Leser etwas anstoßen – im besten Fall Emotionen, zumindest aber einen Nachhall erzeugen.

Am greifbarsten ist dies wahrscheinlich bei biografischen Geschichten. Es gab im Wettbewerb Teilnehmer/innen, die ihre persönliche Geschichte nieder geschrieben haben, vielleicht sogar zum ersten Mal. Autoren/innen, die vorher noch nie geschrieben haben, aber die auf Papier gebracht haben, was sie bewegt. Und das kommt beim Leser und bei der Leserin an.

 

  1. Die Story stimmt.

Eine gute Geschichte, hat eine gute Geschichte – klingt banal, ist aber so. Auch wenn das Format der Kurzgeschichte nur wenig Platz bietet, braucht es einen Spannungsbogen, d.h. kurze Hinführung, einen packenden Wendepunkt, und vor allem ein überzeugendes Ende. Die Auflösung kann überraschend, versöhnlich oder schockierend sein. Es muss zum Rest des Textes passen. Allerdings darf der/die Leser/in nie das Gefühl haben, dass der/die Autor/in den Text abbrechen musste, weil die Seitenzahl erreicht war. Es gab ein paar Geschichten im Wettbewerb, von denen wir Jurorinnen uns diesbezüglich mehr gewünscht hätten. Ein gute Geschichte kann im letzten Absatz zu einer großartigen Geschichte werden oder leider komplett den Bach runter gehen.

Die Figuren müssen überzeugend sein. Das hat zum Einen mit Emotionalität und Einfühlungsvermögen zu tun (s.o.) – zum Anderen einfach nur mit Glaubwürdigkeit, d.h. kann ich das Handeln der Personen nachvollziehen.

Natürlich ist es toll, wenn die Story etwas Neues bietet. Aber hey, die Weltliteratur ist voll von immer wieder gleichen Handlungsabläufen. Da sollte man von einer vierseitigen Kurzgeschichte nicht zu viel erwarten.

 

  1. Der Stil ist großartig.

Meiner Erfahrung nach, ist der Schreibstil etwas, worüber sich (angehende) Autor/innen sehr viele Gedanken machen. Es gibt unzählige Bücher und Schreibseminare dazu. Und ja, in einer so komprimierten Form wie der Kurzgeschichte ist ein guter Schreibstil, der auf den Punkt kommt und nicht umherschwafelt, das Tüpfelchen auf dem i. Aber er ist meiner Meinung nach nicht kriegsentscheidend.

Es gab im Wettbewerb herausragende Geschichten, deren Schreibstil eher einfach war. Wir Jurorinnen waren uns oft nicht einig bezüglich des Stils. Ein Text war der Einen zu trocken geschrieben, der Anderen zu gestelzt, und die Dritte fand‘s wiederum ganz toll. Vielleicht ist der Schreibstil auch Geschmackssache. Und er muss natürlich zum Thema, dem Setting und den Figuren passen. Aber letztlich gab es keinen Text, der es nicht ins Buch schafft, weil (nur) der Schreibstil nicht gefallen hat.

 

Diese drei Aspekte machen für mich eine gute Kurzgeschichte aus. Dabei ist es völlig okay, wenn andere Juroren/innen, Germanisten, Autoren/innen, Lehrer/innen, oder Leser/innen das anders sehen.

Letztendlich muss ich noch hinzufügen, dass wahrscheinlich auch ein winziges Fünkchen Glück dazu gehört. Wenn die Jurorin schon zwanzig Geschichten zum gleichen Thema gelesen hat, dann freut sie sich einfach über die einundzwanzigste, die ein ganz anderes Thema aufgreift. Ob sich die eigene Geschichte durchsetzen kann, hängt sicher auch davon ab, wie stark die Konkurrenz im jeweiligen Wettbewerb ist. Dies sind aber Faktoren, die wohl niemand wirklich beeinflussen kann.

Daher kann ich nur allen Schreiberlingen raten: macht weiter so! Lasst euch von einer Absage nicht entmutigen. Schreibt weiter, übt weiter. Wenn ihr beim Schreiben so viel Spaß habt, wie ich beim Lesen eurer Geschichten – dann hat sich die Sache schon gelohnt!

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